Thema „Migration“ live vor Ort – Klasse 9 trifft Flüchtlinge in Schussenried

Von   20. Oktober 2015

Als erste Schussenrieder Schulklasse besuchte die Klasse 9 des Caspar-Mohr-Progymnasiums im Rahmen des Gemeinschaftskundeunterrichts eine Flüchtlingsunterkunft in Bad Schussenried. Gemeinsam mit ihrer Fachlehrerin und Schulleiterin Frau Wehling hatten die Gymnasiasten im Vorfeld das Thema „Migration“ im Unterricht behandelt und sich gemeinsam auf das Treffen vorbereitet und zum Beispiel Fragen gesammelt, die sie den Flüchtlingen stellen wollten. Das Treffen live vor Ort gestaltete sich dann aber doch ganz anders als im nüchternen Klassenzimmer gedacht.

Die Klasse traf sich mit den Gesprächspartnern im Gemeinschaftsraum der Unterkunft, in dem sonst hauptsächlich die ehrenamtlichen Helfer arbeiten. Dazu kamen Frau Sämrow und Frau Fischbach vom Landratsamt Biberach, die den Besuch freundlicherweise ermöglicht hatten und berichteten zunächst vom Ablauf eines Asylverfahrens.IMG_6270

Wie im Falle eines Pilotprojekts nicht unüblich, lief nicht alles reibungslos. Die Schüler hatten sich darauf eingestellt, auf Englisch mit den Gesprächspartnern zu kommunizieren und entsprechend ihre Fragen vorbereitet. Drei der Flüchtlinge in Bad Schussenried hatten sich letztlich bereiterklärt, mit der Klasse zu sprechen, darunter zwei Syrer, die allerdings nur Arabisch sprachen, sowie ein Kameruner, dessen sehr gutes Französisch es den Schülern ermöglichte, ohne Dolmetscher mit ihm zu sprechen – wobei ihnen der erst kürzlich erfolgte Frankreichaustausch sehr dabei half, sich auf die unerwartete Sprache einzustellen.

Mit der Situation in der Flüchtlingsunterkunft fühlen sich die Asylbewerber grundsätzlich sehr wohl und bekundeten, dass sie sich gut aufgenommen fühlen. Fünf Schülerinnen des CMPG hatten sogar die Möglichkeit, sich eine der Familienunterkünfte direkt anzusehen. Die Deutschkurse laufen bereits und die rund 35 Personen, die alle als Familien im Gebäude leben, scheinen grundsätzlich gut miteinander auszukommen, auch wenn sich kleine Konflikte auf so engem Raum nicht gänzlich vermeiden lassen.

Die Fragen der Schülerinnen und Schüler bezogen sich insbesondere auf den Verlauf der Flucht. So erfuhren sie nach und nach die Fluchtgeschichte einer Familie, die ein Jahr lang mit einem Kleinkind auf der Flucht gewesen war und dabei zehn Länder passieren musste, um der Frau die Zwangsverehelichung mit einem anderen Mann zu ersparen. Unterwegs hatten sie immer wieder gearbeitet, um Geld für die Weiterreise zu verdienen. Nach einer Überfahrt im Schlauchboot von Afrika nach Spanien konnten sie dort gerade einmal zwei Wochen in einer Flüchtlingsunterkunft verbringen, bevor sie erneut auf die Straße gesetzt wurden und den letzten Teil ihrer Flucht bis nach Deutschland antraten.

Obwohl diese ergreifende Erzählung sicherlich nicht spurlos an den jungen Schussenriedern vorbeiging, war das eigentliche Highlight des Besuchs das Zusammentreffen mit einer Gruppe von Kindern aus der Unterkunft, mit denen sich schnell zeigte, dass sprachliche Hürden gegenseitigem Verständnis nicht im Wege stehen müssen. Die großenteils syrischen Kinder probierten ihre ersten deutschen Worte aus, die sie in der Vorbereitungsklasse der Drümmelbergschule bereits gelernt haben. Gemeinsam mit den Schussenrieder Schülern verständigten sie sich mimisch und gestisch und schnell war die ganze Runde im Lachen und Spielen. Selbst nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung blieb ein Teil der Schüler mit den Kindern noch eine ganze Weile auf der Straße zusammen, um gemeinsam zu spielen – ein erster Anfang in Sachen Völkerverständigung ist also auf jeden Fall gemacht.

IMG_6287Neben den vielfältigen Eindrücken nehmen Schüler wie Lehrer und Gastgeber einige Lehren aus dem Pilotversuch mit. Beim nächsten Gespräch würde man versuchen in kleineren Gruppen jeweils mit einem Gesprächspartner in Kontakt zu treten, um so eine bessere Vertiefung des Gespräches zu erreichen, was in einer großen Runde recht schwierig ist. Dem spürbaren Interesse nach weiteren Fragen könnte so mehr Raum gegeben werden.

Im Rahmen der Präventionswoche, die alle zwei Jahre am Bildungszentrum in Bad Schussenried stattfindet, könnte ein solcher Besuch zum Beispiel für die Klassen 10 durchgeführt werden.

Aus der Schwäbischen Zeitung vom 22.10.2015:
http://www.schwaebische.de/region_artikel,-Bad-Schussenrieder-Schueler-treffen-sich-mit-Fluechtlingen-_arid,10327688_toid,104.html

Bad Schussenrieder Schüler treffen sich mit Flüchtlingen

Jugendliche erfahren mehr über die persönlichen Schicksale der Asylbewerber im Ort

Trotz Sprachproblemen gelang der Kontakt zu den Kindern schnell und unkompliziert.Bild vergrößern
Trotz Sprachproblemen gelang der Kontakt zu den Kindern schnell und unkompliziert.

privat

Bad Schussenried sz Es ist meist ziemlich abstrakt, im Schulunterricht etwas über Flüchtlinge und Migration zu erfahren. Schulleiterin und Gemeinschaftskundelehrerin Susanne Wehling wollte den Unterricht der Klasse 9 des Caspar-Mohr-Progymnasiums lebendiger gestalten und arrangierte ein Treffen mit Flüchtlingen, die in Bad Schussenried leben.

Die Schüler hatten sich zuvor im Unterricht auf das Treffen vorbereitet. Sie schrieben Fragen auf, die sie den Flüchtlingen stellen wollten. Das Treffen vor Ort gestaltete sich dann aber doch ganz anders als im nüchternen Klassenzimmer gedacht, berichtete Susanne Wehling.

Die Klasse traf sich mit den Gesprächspartnern im Gemeinschaftsraum der Unterkunft, in dem sonst hauptsächlich die ehrenamtlichen Helfer arbeiten. Dazu kamen die beiden Sozialarbeiterinnen des Landratsamts Biberach, die den Besuch ermöglicht hatten und berichteten zunächst vom Ablauf eines Asylverfahrens.

Verständigung auf Französisch

Wie im Falle eines Pilotprojekts nicht unüblich, lief nicht alles reibungslos. Die Schüler hatten sich darauf eingestellt, auf Englisch mit den Gesprächspartnern zu kommunizieren und entsprechend ihre Fragen vorbereitet. Drei der Flüchtlinge in Bad Schussenried hatten sich bereiterklärt, mit der Klasse zu sprechen, darunter zwei Syrer, die allerdings nur Arabisch sprachen, sowie ein Kameruner, dessen sehr gutes Französisch es den Schülern ermöglichte, ohne Dolmetscher mit ihm zu sprechen.

Mit der Situation in der Flüchtlingsunterkunft fühlen sich die Asylbewerber grundsätzlich wohl und bekundeten, dass sie sich gut aufgenommen fühlen. Die Schüler erfuhren von ihren Gesprächspartnern, dass einige Flüchtlinge bereits an Deutschkursen teilnehmen und dass die 35 Personen, die alle als Familien im Gebäude leben, grundsätzlich gut miteinander auszukommen, auch wenn sich kleine Konflikte auf so engem Raum nicht gänzlich vermeiden lassen.

Die Fragen der Schüler bezogen sich vor allem auf den Verlauf der Flucht. So erfuhren sie nach und nach die Fluchtgeschichte einer Familie, die ein Jahr lang mit einem Kleinkind auf der Flucht gewesen war und dabei zehn Länder passieren musste, um der Frau die Zwangsverehelichung mit einem anderen Mann zu ersparen. Nach einer Überfahrt im Schlauchboot von Afrika nach Spanien konnten sie dort gerade einmal zwei Wochen in einer Flüchtlingsunterkunft verbringen, bevor sie erneut auf die Straße gesetzt wurden und den letzten Teil ihrer Flucht bis nach Deutschland antraten.

Obwohl diese ergreifende Erzählung nicht spurlos an den jungen Schussenriedern vorbeiging, war das eigentliche Highlight des Besuchs das Zusammentreffen mit einer Gruppe von Kindern aus der Unterkunft, mit denen sich schnell zeigte, dass sprachliche Hürden gegenseitigem Verständnis nicht im Wege stehen müssen. Die großenteils syrischen Kinder probierten ihre ersten deutschen Worte aus, die sie in der Vorbereitungsklasse der Drümmelbergschule bereits gelernt haben. Gemeinsam mit den Schussenrieder Schülern verständigten sie sich mimisch und gestisch und schnell war die ganze Runde am Lachen und Spielen. Selbst nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung blieb ein Teil der Schüler mit den Kindern noch eine ganze Weile auf der Straße zusammen, um gemeinsam zu spielen.