Progymnasiasten bei Kandidatenvorstellung

Von   22. Januar 2018

Spannend ist er geworden, der Bürgermeisterwahlkampf in Bad Schussenried, finden die Schüler des Caspar-Mohr-Progymnasiums. Deshalb wollten viele von ihnen die weitere Entwicklung live erleben und sind zur Kandidatenvorstellung am 18.1.2018 abends in die Stadthalle gekommen. Einiges von dem, was die Schülerinnen und Schüler nach der Podiumsdiskussion der beiden Kandidaten Achim Deinet und Christoph Schwarz am 10.1. im Progymnasium bewegt hatte, haben sie auch durch ihre Fragen bei der offiziellen Vorstellung weiter verfolgt. Wie schon in der Bürgerversammlung im November 2017 bekamen die Jugendlichen viel Lob und Anerkennung für ihren Mut, ihr Interesse und dafür, wie intensiv sie sich in ein weites Spektrum kommunalpolitischer Themen eingearbeitet haben.

Für die Schülerzeitung “CoolTUR” des Caspar-Mohr-Progymnasiums berichtet Anna-Maria Swora (Kl. 8) über die Kandidatenvorstellung:

Bad Schussenried/Schülerzeitung. Am Donnerstag, dem 18. Januar 2018, stellten sich in der Stadthalle die drei Kandidaten für das Bürgermeisteramt vor. Die zwei neuen Kandidaten Christoph Schwarz und Friedhild Miller schienen das politische Interesse der Wähler gesteigert zu haben, denn die gesamte Halle war gefüllt. Unter den Gästen waren auch die Klassen 8, 9 und 10 des Caspar-Mohr-Progymnasiums anwesend.

Achim Deinet eröffnete als amtierender Bürgermeister die Vorstellungsrunde mit einer 15- minütigen Rede, in der er größtenteils von seinen Erfolgen und zukünftigen Plänen in Bad Schussenried sprach. Zuerst teilte er den Bürgern mit, wie stark er die Schulden in den letzten Jahren getilgt hatte, betonte aber, dass er dennoch Geld in wichtige Projekte investieren würde. Diese seien beispielsweise die Sanierung der drei Schulen und des Rathauses, sowie die Weiterführung des Projekts „Metzgergässle“. Darauf folgte eine Fragerunde, in der die Bürger Fragen stellen konnte. Als ein Schüler ihn auf Herr Schwarz‘ Kritik bezüglich Sankt Martinsesch ansprach, sagte Herr Deinet , dass die E-Mail unglücklicherweise „untergegangen“ sei und der Beschluss deshalb neu gefasst werden müsse. Weiterhin wurden Fragen zum Zellerseebad und zur Schussenverlängerung gestellt, welche Herr Deinet in der Regel souverän beantworten konnte.

Christoph Schwarz erzählte kurz von seinem Lebenslauf als Oberstleutnant im Militär. Er meinte kandidiert zu haben, weil man ihn darauf angesprochen habe. Außerdem fühle er sich Bad Schussenried und seinen Bürgern verbunden, da er schon lange dort lebe. Seine Ziele seien unter Anderem ein städtebauliches Gesamtkonzept, eine City-Maklerin zu engagieren und keine Schulden mehr zu machen, bevor die Rückzahlung dieser nicht gesichert sei. Darüber hinaus wolle er den Erhalt der älteren Gebäude sichern, damit die Stadt nicht ihren Charme verliere. Den Rest seiner Rede kritisierte er den amtierenden Bürgermeister. Er bezeichnete ihn teils als „ideenlosen Plattmacher“, was das Publikum mit Gelächter und Buh rufen kommentierte. Auch ihm wurden nach seiner Rede Fragen gestellt. Ein Zuschauer wollte wissen, was nun die Regel sei gegen die er seinem Wahlspruch „Fortschritt ist nur möglich, wenn man intelligent gegen Regeln verstößt“, zufolge vorstoßen wolle. Daraufhin antwortete Herr Schwarz, dass er das in der Podiumsdiskussion im Caspar-Mohr Progymnasium noch nicht habe sagen wollen, da er es für diesen Tag hatte aufheben wollen. Die Regel sei, dass man nicht gegen den Amtsinhaber antreten soll. Die weiteren Fragen bezüglich seiner zukünftigen Pläne konnte er meist gut beantworten.

Die dritte und damit letzte Kandidatin, Friedhild Miller, las während ihrer Rede einen Bericht über sich selbst vor. Sie bezeichnete sich selbst als Familienhelferin und Aufdeckungspolitikerin. Frau Miller betonte im Falle ihrer Wahl, den Gemeinderat auflösen zu wollen und stattdessen die Bürger über Investitionen entscheiden zu lassen. Auch Kinder und Jugendliche sollen mitsprechen dürfen. Ihr Ziel sei es, Bundeskanzlerin Merkel in ihrem Amt abzulösen und für Frieden und Liebe zu kämpfen. Zudem wolle sie gegen Kinderhandel vorgehen und Mütter unterstützen, deren Kinder, so wie ihres, vom Jugendamt weggenommen worden seien. Am Ende ihrer Rede bedankte Miller sich bei „Bad Kissingen“, was für Irritierung sorgte. Als ein Bürger sie fragte, warum sie gerade in Bad Schussenried kandidiere, meinte sie: „Ihr seid einfach geil und ihr habt einen total tollen und attraktiven Bürgermeister“

Eine im Anschluss von der Klasse 8 durchgeführte Umfrage zeigte, dass der Großteil der dort anwesenden Schüler Herrn Deinet am überzeugendsten fand.

 

Hier der Artikel aus der Schwäbischen Zeitung:

Katrin Bölstler

Kandidaten stellen sich Fragen der Bürger

Drei Bewerber treten bei der Bürgermeisterwahl in Bad Schussenried gegeneinander an

Nach dem offiziellen Teil standen (v.l.): Bürgermeister Achim Deinet, Friedhild Miller und Christoph Schwarz für Nachfragen bereit.
Nach dem offiziellen Teil standen (v.l.): Bürgermeister Achim Deinet, Friedhild Miller und Christoph Schwarz für Nachfragen bereit.

Katrin Bölstler

Bad Schussenried sz Die drei Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Bad Schussenried haben sich am Donnerstag ihren Wählern vorgestellt. Seitdem sich mit Christoph Schwarz ein zweiter Kandidat aus Bad Schussenried und mit Friedhild Miller aus Sindelfingen sogar eine externe Kandidatin gefunden hat, scheint das Interesse am Wahlkampf gewachsen zu sein. Die Schussenrieder Stadthalle war voll an diesem Abend.

Achim Deinet hatte sich als erster beworben hatte, daher durfte er auch als erster sprechen. In seiner 15-minütigen Vorstellungsrunde fasste Deinet zusammen, was er in seiner ersten Amtszeit – unterstützt durch den Gemeinderat und die Verwaltung – in Bad Schussenried verändert habe. Dabei ging er zuerst darauf ein, wie stark die Schulden der Stadt mittlerweile reduziert werden konnten. Deinet erinnerte daran, dass er 2010 versprochen hatte, dass Bad Schussenried sich unter seiner Führung nicht „totsparen“ werde. Das habe er stets im Blick gehalten. Als Beispiele nannte er dabei unter anderem die Investitionen im Kindergarten- und Schulbereich, die Innenstadtsanierung und die Erschließung neuer Baugebiete. Deinet betonte, dass er sich einer zweiten Amtszeit dafür einsetzen wolle, das Sanierungsprojekt Metzgergässle nach vorne zu bringen, das Schulzentrum zu sanieren sowie die Schussen weiter offenzulegen.

Frage zum Zellerseebad

Jeder Kandidatenvorstellung folgte eine Fragerunde. Manfred Blumenschein wollte wissen, welches Projekt für Deinet Priorität hätten. Der Bürgermeister erläuterte, dass die Verwaltung derzeit eine Investitionsliste für die nächsten zehn Jahre erstelle, über die der Gemeinderat dann diskutieren werde. Klar sei, dass es bestimmte Pflichtaufgabe gebe, und da seien die Schulen ganz weit vorne mit dabei. Gemeinsam mit ihrer Rektorin Susanne Wehling waren auch einige Schüler des Progymnasiums anwesend. Sie stellten mehrere Fragen, unter anderem zur Zukunft des Schulzentrums. Ein Schüler bat den Bürgermeister sich zu dem Vorwurf von Christoph Schwarz zu äußern, die Verwaltung habe beim Bebauungsplanverfahren St. Martinsesch Unterlagen unterschlagen. Deinet gab zu, dass eine Stellungnahme bei einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung fristgerecht eingegangen sei und dann aber aus unklaren Gründen „untergegangen“ sei. Er selbst habe erst davon erfahren, nachdem der Bebauungsplan bereits beschlossen gewesen sei. „Wir sind danach auf die Planer zu und haben diese gefragt, wie wir jetzt damit umgehen sollen“, so Deinet. „Wir gehen nun davon aus, dass der Beschluss erneut gefasst werden muss.“ Zum Thema Zellerseebad erklärte Deinet, dass sich mittlerweile abzeichne, dass es zwei Lösungen gebe. Entweder die Stadt betreibe das Naturbad weiterhin wie bisher oder Steg und Insel würden abgebaut und das Ganze als kostenlose Badestelle ausgewiesen.

Christoph Schwarz ging in seiner Vorstellung kurz auf seinen beruflichen Werdegang bei der Bundeswehr ein. Wie bei der Podiumsdiskussion im Progymnasium sagte er, er habe sich entschlossen zu kandidieren, weil er angesprochen worden sei. Die Stadt liege ihm sehr am Herzen und er betrachte Bad Schussenried mittlerweile als Heimat. Wiederholt griff er den amtierenden Bürgermeister in seiner Rede an. Er bezeichnete Deinet als selbstherrlich, plan- und ideenlos und warf ihm Geheimniskrämerei und Täuschung vor. Das kam beim Publikum nicht immer gut an. Bad Schussenried, so Schwarz, brauche ein städtebauliches Gesamtkonzept und keine Flickschusterei. Projekte seien in den vergangenen Jahren ohne Zusammenhang ausgeführt worden. „Bad Schussenried muss eine Perle Oberschwabens bleiben und dem verhängnisvollem Wirken von Bürgermeister Deinet muss ein Ende gesetzt werden“, warb er für sich. Im Falle seiner Wahl werde er sich dafür einsetzen, mehr alte Bausubstanz zu erhalten, sodass die Innenstadt nicht ihren Charme verliere. Wiederholt betonte er, dass er als Bürgermeister sich stets an gefasste Gemeinderatsbeschlüsse halten würde.

Spruch irritiert

In der Fragerunde sprach ihn ein Bürger auf seinen Flyer an. Was er denn damit meine mit dem Spruch „Fortschritt ist nur möglich, wenn man intelligent gegen Regeln verstößt“? Schwarz antwortete, das beziehe sich auf die Regel, nie gegen einen Amtsinhaber anzutreten. Eine Schülerin befragte Schwarz zu seiner Aussage, dass er keine neuen Schulden machen wolle. Der Kandidat relativierte seine vorherige Aussage und erklärte, er käme immer darauf an, sorgfältig abzuwägen, wie wichtig eine Investition sei. Ein anderer Bürger wollte wissen, wie er gedenke, das Rathaus zu führen. „Ich werde mehr delegieren und meine Mitarbeiter mehr eigenverantwortlich arbeiten lassen“, so die Antwort. Er habe in seiner Zeit bei der Bundeswehr bis zu 400 Personen angeführt, „und die waren immer zufrieden mit mir“, sagte er. Welche Häuser er denn konkret in der Innenstadt erhalten wollte, darauf hatte Schwarz spontan keine Antwort.

Friedhild Miller trat als letzte ans Podium. Die Sindelfingerin bezeichnete sich als Familienhelferin und Aufdeckungspolitikerin. Sie verzichtete darauf, sich selbst vorzustellen und las stattdessen einen Artikel aus der „Schwäbischen Zeitung“ über ihre Bewerbung in Allmendingen vor, was im Saal für einige Irritationen sorgte. Miller sagte, dass sie im Falle ihrer Wahl den Gemeinderat entmachten und einen Bürgerhaushalt aufstellen wolle. Auch Kinder sollten über Investitionen mitentscheiden können. Sie stehe für Liebe und Frieden und kämpfe gegen den organisierten Kinderhandel in Deutschland. Aus ihrer Sicht würden sowohl Richter, Staatsanwälte als auch Jugendämter diesen gemeinsam organisieren. Ein Beweis hierfür sei, dass das Jugendamt ihr ihre Tochter weggenommen habe. Sie berichtete von verzweifelten Familien, die genau wie sie um ihre Kinder kämpfen würden.

Kinderhandel im Fokus

Darauf angesprochen, gab sie zu, dass sie deswegen in so vielen Gemeinden gleichzeitig kandidiere, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Darum sei es auch ihr großes Ziel, Bundeskanzlerin zu werden. Am Schluss ihres Vortrags versprach sie sich und dankte „Bad Kissingen“, heute hier sein zu dürfen. Auf die Frage, warum sie sich gerade in Bad Schussenried aufstellen habe lassen, antwortete sie: „Ihr seid einfach geil und ihr habt einen total tollen und attraktiven Bürgermeister.“