Das Schuljahr in der Schwäbischen Zeitung

Von   9. August 2021

Baustelle, Fernunterricht, Corona: Rückblick auf die Herausforderungen eines Schuljahrs

05.08.2021, 11:00 KATRIN BÖLSTLER

Das Schuljahr ist zu Ende – und dieses Jahr sehnten nicht nur die Schüler die Sommerferien herbei. Für die Pädagogen in Bad Schussenried war es ein besonders anstrengendes Schuljahr, da sie nicht nur mit der Corona-Pandemie und der Umstellung auf Fernunterricht klarkommen musste. Zusätzlich ist das Schulzentrum seit Monaten eine Baustelle. Susanne Wehling, Rektorin am Progymnasium, und Albrecht Binder, Leiter der Realschule, berichten, wie sie dieses Schuljahr erlebt haben.

Was hat sich durch die Digitalisierung geändert?

Albrecht Binder: Dieses Schuljahr war extrem anstrengend, aber auch extrem lehrreich. Wir haben uns, was die Digitalisierung angeht, in hoher Geschwindigkeit weiterentwickelt. Wir verfügen jetzt über eine deutlich bessere Ausstattung und einen leistungsfähigeren Server. Bund und Land haben viel Geld in die Hand genommen und uns in dieser Entwicklung unterstützt. Zukünftig wird es so sein, dass jeder Lehrer mit seinem dienstlichen Tablet oder Laptop in das Klassenzimmer kommt und er direkt loslegen kann. Das wird vieles verbessern. Bisher gab es nur einen Dienstrechner im Raum. Der digitale Unterricht hat sich enorm weiterentwickelt und wir haben enorm dazu gelernt. Anfangs hat es sehr geruckelt, doch seitdem auch das Land seine Serverkapazitäten hochgefahren hat, läuft die digitale Lernplattform Moodle, die wir benutzen, stabil.

Susanne Wehling: Wir haben schon im Schuljahr davor, beim ersten Lockdown, den eigentlichen Sprung in Richtung Digitalisierung gemacht. Insgesamt haben wir in den vergangenen zwei Jahren enorm viel dazu gelernt, was digitales Lernen angeht. Zuerst haben wir über unsere Webseite eine Schulcloud angeboten, auf der die Schüler Zugriff auf ihre Lerninhalte hatten. Inzwischen nutzen wir vorrangig die Lernplattform des Landes, Moodle, doch wenn das instabil läuft, sind wir froh, als Backup immer noch unsere Schulcloud zu haben. Ein wichtiger Schritt war zudem, wirklich alle Schüler mit Tablets oder Laptops auszustatten, da manche ja mehrere Geschwister haben und es zu Beginn nicht ausreichend Endgeräte für alle gab. Seitdem das Problem gelöst ist, halten wir Unterricht nach Stundenplan. Die größte Herausforderung für die Schüler war dabei zu lernen, sich selbst den Alltag zu strukturieren. Das hat aber bei den meisten gut geklappt. Der Lernsprung, was das Studium mit digitalen Methoden angeht, war enorm und dadurch sind unsere Schüler für die Zukunft gut gerüstet, denke ich. Und wir werden auch darauf achten, das beizubehalten, denn das digitale Lernen ist die Zukunft. Nicht nur, weil uns die Pandemie wahrscheinlich erhalten bleibt, sondern auch an den Unis und im Job wird das digitale Lernen und die digitale Kommunikation die Zukunft sein.

Wurden Kinder durch den Fernunterricht abgehängt?

Binder: Der eindeutige Nachteil des digitalen Unterrichts ist, dass ein Lehrer nicht sieht, ob ein Schüler nur seinen Rechner anmacht oder ob dieser auch wirklich den Unterricht verfolgt. Als die Schüler vor knapp zwei Monaten an die Schulen zurückgekehrt sind, haben wir festgestellt, dass einige wenige Schüler zu Hause gar nichts gemacht haben. Sie haben nun große Defizite. Bei den Eltern gibt es insgesamt eine große Unsicherheit, ob ihr Kind abgehängt wurde, das merke ich an der hohen Nachfrage nach Beratungsgesprächen. Wie viele Schüler die Klasse wiederholen müssen, steht aber noch nicht fest. Wie jedes Jahr gibt es einige Anfragen von den Gymnasien. Auch da lässt sich aber noch nicht sagen, ob es am Ende mehr sind als bisher.

Wehling: Wir haben den ganz klaren Vorteil, eine kleine Schule zu sein. Wir haben jederzeit den Kontakt zu allen Schülern gehalten. Es war schnell ersichtlich, welche Schüler mehr Unterstützung brauchen und um diese haben die Klassenlehrer sich dann auch entsprechend gekümmert. Insofern haben wir niemanden während des Fernunterrichts „verloren“. Trotzdem bieten wir im nächsten Schuljahr gezielte AGs mit einem speziellen Förderangebot in Mathematik und NWT an.

Wird weiter getestet? Sind schon Schüler geimpft?

Binder: Geimpft ist bei uns bisher fast kein Schüler. Ich würde es begrüßen, wenn es ein freiwilliges Impfangebot für alle Kinder geben würde, denn ohne die Heranwachsenden werden wir die Herdenimmunität nicht erreichen. Ich hoffe sehr, dass es im neuen Schuljahr nicht wieder zu einem Schul-Lockdown kommen wird, aber ohne eine entsprechende Impfquote ist das unsicher. Was wir tun konnten, ist, die Schülerinnen und Schüler zweimal die Woche testen zu lassen. Das gibt eine gewisse Sicherheit. Allerdings waren diese Tests auch manchmal falsch positiv. Das Kultusministerium hat angekündigt, dass im neuen Schuljahr es wieder eine Präsenzpflicht geben soll, die Eltern also nicht mehr selbst entscheiden können, ob ihr Kind in die Schule geht oder im Fernunterricht lernt. Gleichzeitig soll es für die ersten Wochen wieder eine Test- und Maskenpflicht geben. Ich bin gespannt, wie die Eltern darauf reagieren werden.

Wehling: Wir dürfen nicht abfragen, wie viele Schüler geimpft sind, aber meines Wissens nach sind es schon ein paar. Ob ein Kind geimpft wird oder nicht, liegt ganz allein bei den Eltern. Unsere Lehrer sind zwischenzeitlich fast alle geimpft und das ist auch gut so. In der Schule haben wir eine gewisse Sicherheit dadurch erlangt, dass zweimal die Woche alle Kinder getestet werden. Bisher gibt es nur zwei Kinder, die nicht den Präsenzunterricht besuchen, weil ihre Eltern entweder nicht wollen, dass sie getestet werden oder dass sie im Schulhaus eine Maske tragen müssen.

Werden an den Schulen Luftfilter eingebaut?

Binder: Seitdem bekannt ist, dass es ein neues Förderprogramm für den Einbau von Luftfiltern gibt, hat es von den Eltern noch keine Anfrage dazu gegeben. Wir Schulleitern haben zu diesem Thema ein Treffen mit der Stadtverwaltung für den Herbst vereinbart. Dann wollen wir die bis dahin vorliegenden Informationen neu bewerten und eine Entscheidung treffen. In der Realschule können fast alle Zimmer gut belüftet werden. Da ist der Bedarf wahrscheinlich nicht so groß. Klar ist: Auch mit dem Förderprogramm müsste der Schulträger noch einiges investieren.

Wehling: Bei uns am Progymnasium gab es bisher keine heißen Diskussionen darüber, ob wir Luftfilter bekommen. Das hat aber auch damit zu tun, dass unsere Schule gerade komplett neu gebaut wird und in dem Neubau alle Klassenzimmer Fenster zum öffnen erhalten und das Gebäude eine Lüftungsanlage erhält. Insofern ist es fraglich, was weitere externe Lüfter noch bringen würden.

Wie läuft es auf der Baustelle am Schulzentrum?

Binder: Die räumliche Situation ist im Moment sehr schwierig, da das Progymnasium im Moment über keine eigenen Räume mehr verfügt. Dieses wird im ersten Bauabschnitt ja komplett abgerissen. Wir haben daher zwei Räume abgegeben und die Werkrealschule auch ein paar Räume. Es ist alles sehr beengt. Wir versuchen alle Ecken im Gebäude zu nutzen, was ein starker Eingriff in die Unterrichtsstruktur ist. Pädagogisch ist das eine Zumutung und es erfordert von allen Beteiligten viel Geduld. Nach unseren Informationen soll der Bauabschnitt bis Mai 2022 fertig sein und bis Ende 2022 soll das gesamte Schulzentrum saniert sein. Wie das funktionieren soll, ist uns noch nicht klar. Ab dem zweiten Bauabschnitt wird es nicht mehr ohne zusätzliche Räume gehen.

Wehling: Seitdem unser Schulgebäude abgerissen worden ist, verteilen die Klassen des Progymnasiums sich auf zur Verfügung gestellte Räume in der Realschule, der Werkrealschule und der Grundschule. Der meiste Unterricht findet in den Pavillons unten an der Grundschule statt, die wir zurzeit alleine nutzen. Und es findet auch viel Unterricht im Freien statt. Und wir stellen fest, dass das prima klappt und den Lehrern und Kindern gut tut, viel an der frischen Luft zu sein. Der Schulhof der Grundschule mit seinen vielen Sitzgelegenheiten eignet sich hervorragend dafür. Es wäre zu überlegen, wie man den oberen Schulhof umgestalten könnte, um auch dort Unterricht im Freien anbieten zu können. Tatsächlich sind wir positiv überrascht, wie gut diese Zwischenlösung im Moment funktioniert.

 

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