Eine steinzeitliche Lehmhütte – von der eigenhändig gezwirnten Schnur bis zur Lehmwand

Von   2. Juni 2017

Bei strahlendem Sonnenschein bauten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5 des CMPG im Federseemuseum Bad Buchau am Montag und Dienstag vor den Pfingstferien eine Lehmhütte. Das Grundgerüst des Pfahlbaus in Kindergröße war bereits erstellt, doch unglücklicherweise – so eine der Museumspädagoginnen zu den Schülern – reiste das archäologische Team, das den Bau mit Ästen, Pfählen und Schnüren vor einiger Zeit begonnen hatte, wieder ab, ohne ihn zu vollenden. Somit standen Frau Weyland und Frau Gläsle, die Museumspädagoginnen des Federseemuseums, tatsächlich vor einem Problem: Wer sollte den Pfahlbau fertigstellen?

Somit kam die Klasse 5 des CMPG gerade recht. Motiviert und schwungvoll machten sich die Schülerinnen und Schüler in Arbeitsgruppen ans Werk. Eine Gruppe zwirnte stabile Schnüre aus Bast, womit Weiden und Äste festgebunden werden konnten. Zwei andere Gruppen, die sich um stabile Wände kümmerten – sie bauten Prügelwände und Flechtwände – waren davon abhängig, ausreichend Schnüre zugeliefert zu bekommen. Es gab keine andere Möglichkeit, das Material zu befestigen, denn Schrauben und Nägel gab es in der Steinzeit noch nicht und das Federseemuseum, welches zum Unesco Weltkulturerbe gehört, schummelt selbstverständlich nicht bei der Authentizität der Ausstellungshäuser. Eine vierte Gruppe war dafür zuständig, Weiden zu schneiden und zu entlauben, die dann wiederum zu Flechtwänden geflochten werden konnten. Jede Gruppenaufgabe machte Spaß und war zugleich anstrengend, weswegen abgewechselt wurde, sodass alle Schüler am Ende des ersten Tages alle Tätigkeiten ausprobiert, durchgeführt und zum Teil auch mit guten Ideen und Techniken weiterentwickelt hatten.

Am zweiten Tag ging es in die Lehmgrube. Barfuß wurde Lehm gestampft – Muskelkater in den Waden blieb da nicht aus. Aber kühle Füße in der Lehmgrube waren durchaus ein Genuss! Mit den Händen wurde der Lehm dann buchstäblich gegen die Flechtwände geklatscht. Die Gruppe, die sich nicht mit der Lehmwand sondern mit einer stabilen Dachkonstruktion auf der gegenüberliegenden Seite der Lehmwand befasste, musste ab und zu in Deckung gehen. Zuletzt sollte das Dach noch mit Schilf gedeckt werden, was leider an der Qualität unserer gezwirnten Bastschnüre scheiterte. Die Schilfrohre hatten noch zu viel Bewegungsspielraum und ein Junge kommentierte zu Recht: „Die hätten doch auch gleich in der Steinzeit einen Kabelbinder erfinden können, dann wäre es jetzt auch nicht so schwierig.“

Da der Kabelbinder aber erst vor ca. 70 Jahren erfunden wurde, mussten wir aus Zeitgründen vorerst aufgeben, denn mit den Materialien, die uns zur Verfügung standen – Bast, Schilf, Weiden, Lehm, Äste – war es nicht möglich, das Dach sinnvoll zu decken. Umso mehr beeindruckt im Gespräch mit den Schülern die Erkenntnis, wie viel Sinnvolles und Praktisches zwischen damals und heute erfunden und entwickelt wurde!

Aber auch ohne Dach: Die Lehmhütte war für die Schülerinnen der Klasse 5, sowie für die begleitenden Lehrer Frau Baisch, Herr Stecher und Herr Jobke, ein spannendes und lehrreiches Projekt. Zum Ersten wurde deutlich, dass manches nur funktioniert, wenn man gemeinsam an einer Sache wirkt und sich gegenseitig zuarbeitet, zum Zweiten konnte viel Wissen über die Steinzeit und über die Entwicklung der Menschheitsgeschichte erworben werden und zum Dritten bereiteten die beiden Tage der gesamten Gruppe viel Vergnügen, nicht zuletzt beim gemeinsamen Versuch, das Grillfeuer mit Feuerstein und Zunderpilz zu entzünden.

Herzlichen Dank an die Museumspädagoginnen Frau Weyland und Frau Gläsle für die professionelle Anleitung und das problem- und projektbasierte Lernangebot. Auch für die beiden Pädagoginnen war dies ein neuartiges Projekt im Rahmen des Programms „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes.

Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5 des CMPG haben zwei außergewöhnliche Schultage erlebt, die die Klassengemeinschaft gestärkt haben und anwendungsbezogen und nachhaltig Wissen vermittelt haben.