Jugendkonferenz des Landkreises am Progymnasium

Von   6. Oktober 2025

So macht Politik den Schülern Spaß

Ins Gespräch mit Politikern kommen viele Jugendliche im Alltag wohl eher selten. Anders war es bei der Jugendkonferenz am Schussenrieder Progymnasium.

Demokratie lebt vom Austausch. Bei der Jugendkonferenz von Kreisjugendring und Kreisjugendreferat konnten rund 100 Schüler der 8., 9. und 10. Klasse Politiker mit ihren Fragen löchern. Und diese erfuhren, was die jungen Leute bewegt.

An der Veranstaltung im Caspar-Mohr-Progymnasium (CMP) nahmen Vertreter aus der Landes- und Kommunalpolitik teil: von der CDU (Landtagsabgeordneter Thomas Dörflinger,  Kreisrat Hans-Peter Reck), der SPD (Kreisrat und Landtagskandidat Simon Özkeles), den Grünen (Landtagsabgeordnete Petra Krebs, Kreis- und Biberacher Stadträtin Silvia Sonntag), der FDP (Landtagsabgeordneter Klaus Hoher aus Salem), AfD (Landtagskandidatin Paula Gulde, Kreisrat Dietmar Neuer), ÖDP (Kreisrat Norbert Huchler) und den Freien Wähler (Kreisrätin Regina Grimm).

Schule ist der Ort, wo sie aus ihrer Echokammer herauskommen.

Susanne Wehling

Die Schulleiterin des CMP Susanne Wehling hob in ihrer Einführung hervor, wie wichtig es sei, dass so viele Parteien teilnähmen. 90 Prozent der Informationen, die ein durchschnittlicher Jugendlicher über Politik erhalte, stammten aus Echokammern. „Schule ist der Ort, wo sie aus ihrer Echokammer herauskommen.“

Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit, betonte sie. „Auch wenn wir lange davon ausgegangen sind.“ Demokratie sei der beste Freund des Zusammenlebens. „Weil wir aufeinander zugehen, miteinander reden, zuhören, wieso jemand dieser Meinung ist.“ Das wünsche sie sich für die Veranstaltung.

Diese Fragen beschäftigten die Schüler

Die Schüler aus Bad Schussenried, Bad Buchau, Biberach und Laupheim hatten sich auf ihre Gespräche gut vorbereitet. In Kleingruppen unterhielten sie sich im 20-Minuten-Takt mit jeweils einem oder zwei Politikern. Was war der Antrieb, in die Politik zu gehen? Und warum für genau diese Partei? Neben Fragen zur Person ging es vor allem um Themen, die den Alltag der Jugendlichen betreffen: ÖPNV, Radwege, Führerscheinkosten, das Wahlrecht ab 16, der Zustand von Schulgebäuden, die gestiegenen Lebensmittelpreise.

Per Los wurden die Politiker den Schülergruppen zugeteilt und so saßen zum Beispiel Simon Özkeles und Paula Gulde nebeneinander. Die Jugendlichen erlebten auf diese Weise auch Runden mit sehr konträren Meinungen. Weshalb ist der Kebab so teuer geworden? Dafür könne man sich „bei Putin bedanken“, sagte Özkeles über den Anstieg der Energiekosten durch den Ukrainekrieg. Im Stoppen der Gaslieferungen sah Paula Gulde die Ursache. „Ein Riesenfehler“ sei das.

Das gaben die Schüler den Politikern mit auf den Weg

Bei den Schülern kam das Veranstaltungsformat gut an. „Es hat Spaß gemacht“, erzählten sie in der Abschlussrunde. Man habe gut diskutieren können und gelernt zu sehen, was andere sagen und wie sie denken, lautete ein Fazit. Was die Politiker aus der Veranstaltung mitnehmen sollen, fasste eine Schülerin kurz und knapp zusammen: „Dass unsere Meinung auch wichtig ist.“

Viel Lob erhielten die Jugendlichen von den Gästen aus der Politik. „Ich freue mich, dass ihr euch für Politik interessiert“, sagte Klaus Hoher. Denn die sei erfahrungsgemäß keine Lieblingsbeschäftigung von Schülern.

„Sie waren sehr gut vorbereitet“, berichtete Thomas Dörflinger. In Kleingruppen die Fragen zu stellen, sei ein guter Ansatz. Das mache es für die Jugendlichen einfacher.

Mein Traum ist, dass viele Junge in kommunalen Gremien arbeiten.

Silvia Sonntag

Renate Grimm ermutigte die Schüler, sich in der Politik zu engagieren. „Junge Power“ fehle dort oft, sagte sie. „Parteien buhlen um euch. Man braucht den Nachwuchs“, sagte Özkeles. „Mein Traum ist, dass viele Junge in kommunalen Gremien arbeiten und sehen, wie das Gemeinwesen funktioniert“, berichtete Silvia Sonntag.

Hans-Peter Reck sah eine Win-Win-Situation für Schüler und Politiker. Der Austausch sei enorm wichtig. Die Politiker hätten erfahren, was den Jugendlichen unter den Nägeln brenne. Und die Jugendlichen hätten erfahren, dass es nicht fehlende Wertschätzung sei, wenn Dinge dauerten, sondern dass vieles eben nur nacheinander umsetzbar sei.

Paula Gulde lobte das Veranstaltungsformat. Sie hätte sich gewünscht, so etwas als Schülerin gehabt zu haben, erzählte sie.

Norbert Huchler hatte einen Verbesserungsvorschlag für die nächste Konferenz:  Die Antwortzeiten verlängern, damit man mehr in die Tiefe gehen könne.

Dieses Fazit zieht die Schulleiterin

Schulleiterin Susanne Wehling begeisterte, wie die Jugendlichen, die Gespräche geführt haben. „Man merkte, was in ihnen steckt“, sagte sie der „Schwäbischen Zeitung“. Die Jugendlichen seien mit der Aufgabe gewachsen. Die Konferenz sei etwas ganz anderes als Planspiele im Unterricht, konstatierte sie. „Die Schüler gehen anders rein, wenn echte Politiker da sind.“

Indem sie jemanden angesprochen und Denkprozesse ausgelöst hätten, hätten die Jugendlichen Selbstwirksamkeit erlebt, schilderte sie den Effekt der Konferenz. Die Demokratie lebe von dem Gefühl, etwas bewegen zu können. Mit solchen Formaten könne man gar nicht früh genug anfangen, fand die Schulleiterin.

(Birgit van Laack, Schwäbische Zeitung, 3.10.2025)

Silvia Sonntag (v. r.), Regina Grimm, Dietmar Neuer, Paula Gulde, Simon Özkeles, Norbert Huchler, Hans-Peter Reck, Petra Krebs, Klaus Hoher und Thomas Dörflinger stellten sich den Fragen der Schülerinnen und Schülern.

(Foto: Birgit van Laak)