Eine ungewöhnliche, vielseitige und höchst interessante Führung durch Bad Schussenried bekamen die Achtklässler des Progymnasiums am 27.6.2018 durch ihren Bürgermeister Achim Deinet.
Was macht eigentlich die Stadtverwaltung? Das wollten die Achtklässler im Rahmen des Gemeinschaftskundeunterrichts zusammen mit ihrer Gemeinschaftskundelehrerin und Schulleiterin Susanne Wehling erfahren und das wollte Bürgermeister Deinet den Schülerinnen und Schüler nicht nur erklären, sondern anschaulich vor Ort zeigen.
Start war am städtischen Bauhof. Bauhofleistungen, die nehmen die Jugendlichen jeden Tag in Anspruch, ob es ihnen bewusst ist oder nicht, z.B. in Form von Straßenreinigung und Pflege der Grünflächen, aber sie bekommen sie auch in Form der Malerarbeiten in der Schule zu sehen.
Vom Bauhof ging es ins Baugebiet Martinsesch und hier wurde es richtig interessant. Wie wird ein Baugebiet erschlossen? Die Schüler staunten über gigantische Gräben mit Leitungen aller Art: Wasser, Abwasser, Elektro, Internet…
Sie lernten dann, wozu die riesigen weißen Stoffplanen auf dem Gelände dienen: Hier werden geschützte Eidechsenarten „vergrämt“, heißt: Man bringt sie durch Verschattung dazu, sich im wahrsten Sinne des Wortes „vom Acker zu machen“ und sich in das für sie neu vorgesehene Wohngebiet („Ausgleichsflächen und Biotop“, nannte es der Fachmann) zu begeben.
Noch interessanter waren die Blickachsen, die Herr Deinet den Schülern vom acht Hektar großen Baugelände zeigte, der traumhafte Blick aufs Kloster und Richtung Alpen, etwa, aber auch die Leitstrukturen, die die Fledermäuse für ihre Flüge brauchen.
Von der Anhöhe im Martinsesch erklärte der Bürgermeister den Jungbürgern die Strukturen der Stadtentwicklung: „Als ich vor 20 Jahren nach Bad Schussenried kam, war der Ort ein klassisches Straßendorf“. In den Sand skizzierte er die Entwicklungsräume und verdeutlichte seine Zielvision: „eine wohlgerundete Stadt mit einem einzigartigen Mittelpunkt, dem Klostergelände“.
Mit erkennbaren Stolz zeigte der Bürgermeister seinen „Lieblingsblick“ von den sanierten Klosterarkaden aus aufs Kloster und erklärte den Schülern, wie aus der „Industriefläche und rauchenden Schloten vor 20 Jahren“ das neue Schmuckstück der Gemeinde geworden ist.
Danach ging es über die stillgelegten Schienen und die verdohlte Schussen in Richtung Rathaus und Deinet zeigte dabei den Schülern, wo nach der Offenlegung die Schussen fließen wird. „Eine Brücke vor dem Törle!“ – Das wurde sofort zur Lieblingsvision der Schüler, mit einem Eis in der Hand und den Füßen im Wasser…
Dann gab es erstmal Getränke im Ratssaal und – da man sich ja schon ganz gut kannte – eine lebhafte Gesprächsrunde: „Sind Sie sowas, wie der König von Schussenried?“, diese Frage eines Schülers nahm der Bürgermeister gerne auf: „Ich verstehe mich als Impulsgeber einerseits und als Umsetzer andererseits – der Gemeinderat bestimmt aber, was gemacht wird.“ Natürlich kam die Sprache auch auf die Sanierung des Caspar-Mohr-Progymnasiums. „Was ihr bewegt habt, von eurem Einsatz, werden zukünftige Schülergenerationen profitieren!“, lobte das Stadtoberhaupt das bisherige politische Engagement der Schüler. Auch das Konzept des Jugendparlaments, das Stadträtin Susanne Diesch den Achtklässlern am Tag zuvor vorgestellt hatte, kam zur Sprache, wobei Herr Deinet auf die vielfältigen Schwierigkeiten, die sich bei diesem Modell in andern Gemeinden gezeigt haben, hinwies.
Im Schnelldurchgang ging es dann durch die vielen Amtsstuben des Rathauses und in das neu renovierte Büro des Bürgermeisters: „Whoa… der Bildschirm!“ – „Nein, er ist nicht für Fußballübertragungen geeignet!“, musste der Hausherr versichern. Der große Bildschirm dient nicht nur für normale Präsentationen, sondern ist insbesondere für Planungszeichnungen und -karten mit vielen Detailinformationen geeignet.
Mittlerweile wäre eigentlich schon Schulschluss gewesen, aber Herr Deinet hatte sich auf die Frage der Schüler nach „geheimen Räumen“ spontan bereit erklärt, das Dachgeschoss zu öffnen und das wollten natürlich alle sehen. Die Meinungen über das Dach waren im Anschluss geteilt: Die einen fanden es den besten Teil des Rathauses und würden am liebsten gleich in die alte Polizistenwohnung ziehen, wo die Akten zwischen den historischen Tapeten und Einbaumöbeln stehen und sich bestens „Verstecken“ spielen lässt (auf dem Foto ist Juri Weichhard gerade von Herrn Deinet entdeckt worden), die anderen fanden es eher „Ihhh“, weil das obere der beiden Dachstockwerke von – offenbar nicht vergrämten – Vögeln und Fledermäusen bewohnt wird, die dort auch alles hinterlassen („Ich steh auf Kacke!“, meinte Frau Wehling). Interessant war es trotzdem, weil man gut erkennen kann, wie Herr Deinet erklärte, dass das Rathaus eigentlich aus zwei Türmen besteht und der schmale Gang unter dem Dachfirst die beiden Türme miteinander verbindet. Trotz des „Ihh-Faktors“ wollten sich am Schluss doch alle Schüler auf dem Dachboden verewigen.
Herzlichen Dank an Herrn Bürgermeister Deinet für diese außergewöhnliche und ebenso abenteuerliche wie vergnügliche wie interessante Führung! Gelernt haben die Jugendlichen dabei vor allem, ihren Blick zu erweitern und über das Offensichtliche hinaus zu blicken: Was liegt hinter (oder fast noch öfter: unter) der Oberfläche? So zum Beispiel beim Weg über die ehemaligen Gleise der Schmalspurbahn Richtung Buchau: „Die Erde hier ist belastet. Jahrzehntelang sind hier Herbizide gespritzt worden, um die Strecke vom Unkraut freizuhalten“. Dann wurde den Schülern deutlich, wie wichtig es ist einen Blick für die Möglichkeiten und Chancen zu entwickeln: Warum ist das Martinsesch ein ideales Baugebiet? Worauf muss ich bei der Straßenführung achten? Wie verändert sich die Stadt, wenn man die Schussen offenlegt? Dabei war es Herrn Deinet immer wieder wichtig, auch das Machbare in den Blick zu nehmen: Woher bekommen wir das Geld? „100% Finanzierung durch das Land Baden-Württemberg bei der Klostermauer, 85% Förderung für die Schussenoffenlegung!“, berichtete er stolz. Auch darum muss sich ein Bürgermeister kümmern, wenn er seine Vorstellungen beim Gemeinderat, dem Wächter der Finanzen, durchbringen und seine Visionen verwirklichen will.
Aus der Schwäbischen Zeitung vom 14.7.2018:
Schüler lernen ihre Stadtverwaltung besser kennen
Wie arbeitet eine Stadtverwaltung? Anstatt die Antworten aus Büchern zu erfahren, haben die Achtklässler des Schussenrieder Progymnasiums vor Kurzem einen Tag mit Bürgermeister Achim Deinet verbracht.
Startpunkt war der städtische Bauhof, danach ging es ins neue Baugebiets St. Martinsesch. Die Schüler staunten über die großen Gräben, in denen ganz unterschiedliedliche Leitungen verlegt werden. Sie lernten außerdem, wozu die riesigen weißen Stoffplanen auf dem Gelände dienen – um geschützte Eidechsenarten zu „vergrämen“. Danach ging es über die stillgelegten Schienen und die verdohlte Schussen in Richtung Rathaus und Deinet zeigte dabei den Schülern, wo nach der Offenlegung die Schussen fließen wird.
Im Rathaus gab es eine lebhafte Gesprächsrunde. Ein Schüler wollte wissen, ob Deinet „so etwas wie der König von Schussenried“ sei. „Ich verstehe mich als Impulsgeber und als Umsetzer – der Gemeinderat bestimmt aber, was gemacht wird.“ Die Sprache kam auch auf die Sanierung des Caspar-Mohr-Progymnasiums. „Was ihr bewegt habt, von eurem Einsatz, werden zukünftige Schülergenerationen profitieren“, lobte Deinet das politische Engagement der Schüler. Auch das Konzept des Jugendparlaments, das Stadträtin Susanne Diesch den Achtklässlern am Tag zuvor vorgestellt hatte, kam zur Sprache, wobei Deinet auf die vielfältigen Schwierigkeiten, die sich bei diesem Modell in andern Gemeinden gezeigt haben, hinwies.
Im Schnelldurchgang ging es dann durch die vielen Amtsstuben des Rathauses und in das neu renovierte Büro des Bürgermeisters.
Mittlerweile wäre eigentlich schon Schulschluss gewesen, aber der Bürgermeister hatte sich auf die Frage der Schüler nach „geheimen Räumen“ spontan bereit erklärt, das Dachgeschoss zu öffnen und das wollten natürlich alle sehen.
Die Meinungen über das Dach waren im Anschluss geteilt. Die einen fanden es den besten Teil des Rathauses und würden am liebsten gleich in die alte Polizistenwohnung ziehen, wo die Akten zwischen den historischen Tapeten und Einbaumöbeln stehen und sich bestens verstecken spielen lässt. Die anderen fanden es eher eklig, weil das obere der beiden Dachstockwerke von Vögeln und Fledermäusen bewohnt wird, die dort auch alles hinterlassen.