Schule trifft Rathaus

Von   20. Februar 2019

Aus der Schwäbischen Zeitung vom 19.2.2019 von Katrin Bölstler

Es kommt nicht immer nur auf die großen Dinge an, sondern auch auf die kleinen. Das betrifft auch die Politik. Nicht nur die Bundesebene trifft wichtige Entscheidungen und berät, sondern auch die Kommunalpolitik spielt und trägt eine entscheidende Rolle in unserer Politik. Dies ist jedoch gerade den jüngeren Leuten- den Schülern nicht wirklich geläufig. Aus diesem Grund hat das Progymnasium in Bad Schussenried heute einen ganz besonderen Aktionstag für die Schüler der 8. Klasse veranstaltet.

Eine Stunde lang den Bürgermeister der eigenen Stadt alles fragen, was einen interessiert und stört: Diese Möglichkeit hatten die Achtklässler des Schussenrieder Progymnasiums am Dienstagnachmittag. Die Schule nahm an diesem Tag zum zweiten Mal am Aktionstag „Schule trifft Rathaus“ teil, organisiert von der Landeszentrale für politische Bildung (LPB).

Dass ihre Schüler verstehen, wie Politik auf kommunaler Ebene funktioniert, ist Schulleiterin Susanne Wehling sehr wichtig. „Aktionstage wie dieser tragen dazu bei, dass die Jugendlichen erkennen dass das, was in der Kommunalpolitik passiert, sie direkt betrifft“, sagt sie. Daher bewarb sie sich zum zweiten Mal für das Projekt.

Die vier Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildung erläuterten den Schülern zunächst, für welche Aufgabengebiete die Kommunalpolitik zuständig ist und wie die Kommunalwahl funktioniert. In einem zweiten Schritt kreierten die Jugendlichen auf dem Papier ihre Traumgemeinde und erstellten danach eine Liste mit konkreten Wünschen und Ideen für die Diskussion mit Bürgermeister Achim Deinet. „Solche Tage ermöglichen es, fernab dem Notendruck, Politik einmal anders zu erleben“, erklärte Michel Salzer, einer der freien Mitarbeiter der LPB. „Die Schüler haben sich heute intensiv sechs Stunden am Stück damit auseinandergesetzt, wo ihre eigenen Interessen liegen und wie sie diese kommunalpolitisch umsetzen können.“

Der direkte Dialog zeigte dann schnell, in welchen Bereichen Bürgermeister und Gemeinderat tatsächlich etwas bewegen können und wo nicht. So äußerten einige Schüler den Wunsch, dass die abgebrannte Grillhütte in Reichenbach wieder aufgebaut werde. Wie Bürgermeister Achim Deinet erklärte, sei die Verwaltung bereits mit den Planungen für den Wiederaufbau beschäftigt.

Nicht ganz so einfach umzusetzen ist der Wunsch einiger Schüler, die Bürger in Bad Schussenried dazu zu bewegen, nachhaltiger und umweltbewusster zu konsumieren. Ob ein Bürgermeister den Lebensmittelhändlern nicht vorschreiben könne, kein Plastik mehr zu verwenden, war eine Frage. Deinet erläuterte, dass das nicht möglich sei. Es liege vielmehr in der Macht jedes einzelnen, auf Plastiktüten und -verpackungen zu verzichten oder zum Beispiel keine Kaffeebecher „to go“ zu benutzen. Wenn genügend Konsumenten ihr Verhalten änderten, würden die Händler darauf reagieren.

Dass ein Teil des Kurparks mittlerweile ein Wohngebiet ist, kritisierten einige Achtklässler. Ob die vielen neuen Baugebiete denn wirklich nötig seien, wollten manche wissen. Deinet erläuterte, dass die Gemeinde zwar versuche, vorrangig im Innenbereich Bauplätze zu schaffen. Das reiche jedoch bei weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Ohne neue Baugebiete gehe es daher nicht.

Zwei weitere Themen waren den Gymnasiasten noch ganz wichtig: eine bessere Internetverbindung und die Sanierung ihrer Schule. Die Schüler kritisierten den Zustand der Schultoiletten und dass es im Winter in manchen Klassenzimmern sehr kalt sei. Selbst die Lehrer würden im Unterricht Jacken tragen. Deinet versuchte verständlich zu erklären, warum gerade diesen beiden Projekte sich nicht schnell umsetzen lassen. Beim Ausbau des Breitbandnetzes gehe es um sehr viel Geld und die Planungen seien sehr komplex. Vor allem die Hausanschlüsse würden eine Menge Geld kosten, das aber eigentlich niemand gerne zahlen wolle.

Die Sanierung des Schulzentrums stehe ganz oben auf der Prioritätenliste des Gemeinderats und der Verwaltung. Doch mit einem Baubeginn vor Sommer 2020 sei nicht zu rechnen, denn die Planung einer so großen Baumaßnahme sei ebenfalls sehr umfangreich. Er verstehe, dass der Zustand der Toiletten oder einiges in den Klassenzimmern die Schüler störe. Doch es mache keinen Sinn, der eigentlichen Baumaßnahme jetzt vorzugreifen.

Zuletzt beantwortete Deinet noch ein paar persönliche Fragen, bevor die Schüler abschließend die Ergebnisse des Tages besprachen. „Ich hoffe sehr, nun auch bei dieser Klasse das Interesse an der Kommunalpolitik geweckt zu haben“, sagte Schulleiterin Susanne Wehling abschließend. Die Teilnehmer der ersten Rund 2017 hätten in den darauffolgenden Monaten motiviert sowohl mehrere Gemeinderatssitzungen als auch eine Bürgerversammlung besucht und sich dort sogar zu Wort gemeldet. „Ich denke, dass gerade in einer Kleinstadt wie Bad Schussenried Kommunalpolitik etwas Greifbares ist“, so Wehling. „Die Schüler sollen lernen, dass sie auch in ihrem Alter schon mitreden können und wie sie ihren Forderungen Nachdruck verleihen.“

Hier der Link zum Beitrag im Regio-TV:

https://www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-biberach/bad-schussenried_video,-schule-trifft-rathaus-_vidid,153295.html